30 Minuten lang geht es steil bergauf
Es ist ein schwül-warmer Sommertag. Der Wald umfängt mich mit angenehm kühler Luft. Die Wanderung beginnt am Waldhaus Oker und führt von da an erstmal 30 Minuten konstant bergauf bis auf Höhe der Ziegenrückenklippe. Als ich dort ankomme, bin ich naßgeschwitzt. Auf dem Weg gibt es viele Himbeersträucher. Die Waldhimbeeren sind klein und schmecken angenehm intensiv.
Auf einmal wird es still
Bisher haben die Motorengeräusche der Autos meine Wanderung begleitet, die auf der Bundesstraße von Oker Richtung Altenau fahren. Ab und zu ergänzt vom Bellen eines Hundes, das vom Okertal aus nach oben hallte. Ein Stück hinter der Ziegenrückenklippe wird es auf einmal still. Ich tauche ein in die Ruhe des Waldes. Es kommt mir vor, als hätte ich plötzlich Kopfhörer auf, die nur noch das Singen der Vögel durchlassen.
Erste Herausforderung: der Treppenstein
Das erste Zwischenziel: der Treppenstein. Hier treffe ich an diesem Wochentag zum ersten Mal auf andere Menschen, auf einen Mann und eine Frau, die hier wandern. Der Treppenstein ist eine kleine Herausforderung, wenn man, wie ich, nicht ganz schwindelfrei ist. Die fleißigen Mitglieder des Harzclubs haben hier Stufen in den Stein gehauen und eine tiefe Felsspalte mit Holzstufen überbrückt.
Das Heidekraut lässt sich von so ein bisschen Granitfels nicht abschrecken.
Vom Treppenstein aus hat man einen weiten Blick ins Okertal. Man erkennt auch die Bundesstraße.
Ein dunkles Waldstück, ich höre nur noch meinen Atem
Der harte Anstieg ist geschafft? Von wegen, ein Schild warnt vor dem "sehr steilen, rustikalen Weg", der zur Kästeklippe führt - der aber natürlich viel interessanter ist als der breite Hauptweg. Ich betrete ein dunkles Waldstück mit hochgewachsenen Fichten. Es riecht nach Moos und Pilzen. Jetzt höre ich nur noch meinen eigenen Atem und das Auftreffen meiner Schuhe auf dem weichen Waldboden. Plötzlich ein fremdes Geräusch. Was war das? Es klingt wie der Flügelschlag eines großen Vogels, den ich aber nicht sehen kann.
Pause, gemeinsam mit dem finsteren Alten
Geschafft! Vom Kästehaus führt ein kurzer Weg zur berühmten Klippe, dem "Alten am Berg". Ein finster blickender Geselle aus Granit. Er hat sich den schönsten Platz ausgesucht, mit weitem Blick ins Okertal und ins nördliche Harzvorland. Ich geselle mich zu ihm und esse mein Brot.
Es geht an diversen Klippen vorbei. An der mit Geländer gesicherten Feigenbaumklippe steige ich ein letztes Mal für diesen Tag hoch. Von hier aus führt der Weg steil bergab - zurück ins Okertal.
Romkerhaller Wasserfall: Rinnsal statt Wassermassen
Der Weg soll direkt am Romkerhaller Wasserfall enden. Ich sehe den Parkplatz und das Wasserkraftwerk. Aber wo ist der Wasserfall? Er wurde Mitte des 19. Jahrhunderts angelegt, indem der Bach "Kleine Romke" zur Romke-Klippe umgeleitet wurde. Seitdem rauscht das Wasser 65 Meter in die Tiefe - der größte Wasserfall im Harz. Von "rauschen" kann heute keine Rede sein. Irgendwann sehe ich das Rinnsal gegenüber dem Gasthaus Romkerhalle.
Motorenlärm statt Wasserplätschern
Entlang des Flüsschens Oker geht es zurück. Wobei auch das Flüsschen eher ein Rinnsal ist. Der Grund: Das Wasser wird genutzt, um eine Turbine zur Stromerzeugung anzutreiben. Ist das Wasserkraftwerk in Betrieb - was in der Regel für mehrere Stunden am Tag der Fall ist - fließt so viel Wasser in die Oker, dass sie sich zu einem reißenden Wildbach entwickelt. Ist es nicht in Betrieb, hört man statt plätscherndem Wasser nur den Lärm der vorbeifahrenden Autos. Die Bundesstraße im Okertal ist, wie sich herausstellt, viel befahren. Ein Abstecher führt noch zur Verlobungsinsel (na, findet jemand auf dem Bild unten den Stempelkasten dort?)
Das Ausgleichsbecken bringt das Wasser zurück
Ein Stückchen weiter kommt ein Ausgleichsbecken mit einer begehbaren Staumauer. Es fängt das Wasser aus dem Kraftwerk ab und gibt es gleichmäßig wieder an die Oker ab. Endlich wieder Wasser, stellenweise wird der Fluss fast zum See.
Auch bei Kletterern ist das Okertal beliebt - wie hier die Marienwand.
Falls jemand weiß, warum die Oker hier auf Stelzen geführt wird, freue ich mich über einen Kommentar...
Fazit:
Im ersten Teil, östlich der Oker, eine wunderschöne, durch die Steigung auch konditionell fordernder Wanderweg mit interessanten Felsformationen und Aussichtspunkten. Der Rückweg im Tal entlang der Oker ist landschaftlich ebenfalls sehr abwechslungsreich - dort trübt allerdings die vielbefahrene Bundesstraße das Naturerlebnis.
Rundwanderung Okerklippen
- Entfernung: 11 km. Dauer: 3,5h. Ich hab mit mehreren Abstechern auf die Klippen und Fotopausen 4,5h gebraucht.
- Ausgangspunkt: Waldhaus Oker (dauerhaft geschlossen), südlich des Ortes Oker/ Goslar. Der Rundwanderweg ist mit einem roten Dreieck markiert. Von hier startet zudem eine weitere, 9 km lange Rundtour (blaues Dreieck).
- Tourbeschreibung: www.outdooractive.com
- Tipp: Am besten selbst Wegzehrung mitbringen - vor allem am Montag, wenn die Waldgaststätte Kästehaus Ruhetag hat
Stempelstellen Harzer Wandernadel
Auf dem Weg gibt es drei Stempelstellen der Harzer Wandernadel:
- Treppenstein, Stempel 117
- Kästehaus, Stempel 118
- Verlobungsinsel, Stempel 116
Was ist die Harzer Wandernadel?
Wer mehr Motivation fürs Wandern sucht - für sich oder die Kinder - sammelt am besten Wanderstempel. So geht's: Man kauft sich ein Wanderheft für 3 Euro (hier steht, wo es das überall gibt) und das dazugehörige dreiteilige Kartenset für 10 Euro. Im gesamten Harz gibt es 222 Stempelstellen. Bei jedem Ziel macht man einen Stempel ins Wanderheft. Wer alle 222 Stempel gesammelt hat, ist Wanderkaiser. Aber Belohnungen gibt es auch schon früher: Kinder bis 11 Jahre bekommen ab 11 gesammelten Stempeln eine Wandernadel als Wanderprinz/ Wanderprinzessin (bzw. die Eltern kaufen diese für je 4,50 Euro), für Erwachsene gibt es zum Beispiel ab 24 Stempeln die Harzer Wandernadel in Gold (4 Euro).
Wildwasserfahrten auf der Oker
Die rund zwei Kilometer lange Strecke zwischen Romkerhalle und Ausgleichsbecken gilt als anspruchsvollste Wildwasserstrecke Norddeutschlands. Sie ist nur dann befahrbar, wenn das Wasserkraftwerk in Betrieb ist und Wasser ablässt - in der Regel ist das in den Morgen- und Abendstunden der Fall. Die aktuellen Zeiten werden auf der Webseite der Harzwasserwerke veröffentlicht.
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Wer schreibt hier?
Mein Name ist Monika Herbst. Ich bin Journalistin, lebe in Braunschweig und verbringe meine Freizeit so oft es geht im Harz - mit Familienausflügen, Wanderungen, Mountainbiken und gutem Essen. Wo es im Harz am schönsten ist, könnt ihr in meinem Blog lesen. Mehr dazu:
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Peter (Dienstag, 13 September 2016 11:07)
So oft im Harz gewesen und noch nie zum Essen bei uns vorbeigekommen? :(
Aber die Fotos liefern wirklich tolle Impressionen aus dem Harz!
FeWo Altenau (Donnerstag, 19 Oktober 2017 10:38)
Toller Bericht und tolle Bilder!
Lieber Gruß aus Altenau