Bad Suderode ist mir ans Herz gewachsen. Der kleine Ort im Ostharz ist relativ unbekannt - im Gegensatz zur rund acht Kilometer entfernten Fachwerkstadt Quedlinburg. Dabei lohnt sich gerade für Architekturfans der Abstecher nach Bad Suderode: Es gibt dort zahlreiche Pensionshäuser aus der Gründerzeit.
Bad Suderode ist ein beschaulicher Ort mit etwa 2000 Einwohnern. Er liegt in einem Tal und ist von lichten Mischwäldern umgeben. Sehenswert ist das alte Badehaus aus dem Jahre 1899,
dessen Fassade weitgehend original saniert wurde. Es befindet sich direkt neben dem Kurzentrum Bad Suderodes.
Wer von dort aus weiter geht in die Schwedderbergstraße, bekommt einen Eindruck vom früheren Kurleben. Die schicken Pensionshäuser wurden zum Teil aufwändig saniert und trumpfen mit
üppigen Holzveranden auf. Auf der Veranda konnten die Kurgäste die Harzluft einatmen, ohne sich der Sonne auszusetzen. Schließlich war damals blasser Teint
angesagt.
Nicht alle Häuser sind instand gesetzt. Manche stehen leer und die Reste der Veranden und die Freitreppe lassen den vergangenen Schick nur noch ahnen. Die Schwedderbergstraße
geht über in die Straße Am Schwedderberg, die bereits zum Nachbarort Gernrode gehört. In Gernrode gibt es ähnliche Pensionshäuser, die jedoch nicht für Kurgäste, sondern als
Mädchenpensionate genutzt wurden.
Während in Bad Harzburg Adelige und das gehobene Bürgertum kurten, ging es in Bad Suderode bescheidener zu. Vor allem jüdische Gäste zog es in die Pensionshäuser, wo sie im
Gegensatz zu den Hotels ihre Speisen selbst zubereiten und sich koscher ernähren konnten.
Zu seinen besten Zeiten, Anfang des 20. Jahrhunderts, beherbergte der kleine Ort Bad Suderode bis zu 5000 Kurgäste pro Jahr. Die blieben nicht nur übers Wochenende, sondern oft Wochen und Monate,
wie es damals üblich war. Manche brachten sogar ihr eigenes Dienstpersonal mit. Was führte sie nach Bad Suderode? Der Ort verfügt über eine der calziumreichsten Quellen
Europas. Die Gäste badeten im Kurhaus in einzelnen und doppelten Badewannen, ab 1911 gab es neben dem Badehaus auch ein Inhalatorium. Helfen sollten die
Anwendungen beispielsweise bei Erkrankungen der Bronchien oder Rheuma.
Zur Zeit kann in Bad Suderode niemand baden. Das Bad im Kurzentrum ist geschlossen. Der Unterhalt wurde für die Gemeinde zu teuer. Jetzt verhandelt sie mit privaten Investoren. Eine
schwierige Situation für einen Ort, der immer von den Gästen gelebt hat. Ein Besuch Bad Suderodes lohnt sich aber dennoch - wegen der tollen Architektur (auf dem unteren Bild
ist das Rathaus zu sehen).
Kommentar schreiben
Torsten (Dienstag, 09 August 2016 11:57)
Hallo Monika,
danke für diesen schönen Blogpost. Es ist interessant, etwas über die Geschichte von Bad Suderode zu lesen. Ich habe Anfang Mai zum zweiten Mal dort Urlaub gemacht und bei einem ausgedehnten Spaziergang die Kurarchitektur genossen. Die Calziumquelle hat überraschend salzig geschmeckt! :) Ich würde mich freuen, wenn der kleine Ort in Zukunft wieder einen Aufschwung erleben würde. Im HSB-Bahnhof wurde 2015 die Eröffnung eines neuen Restaurants vorbereitet - daraus scheint leider nichts geworden zu sein.
Ich lese übrigens immer wieder sehr gern in Deinem Blog! Viele Grüße aus Berlin.
Torsten